Ostern 2001 in Zernez

Zwar war das Wetter in diesem Jahr auch nicht makellos, aber verglichen mit dem Osterwetter 2001 daheim waren wir eindeutig die Gewinner.

Nachdem die letzten 2 Jahre die Teilnehmerzahl zurückging, erreichten wir dieses Jahr vermutlich das Rekordergebnis. Am zahlen- und stimmungsmäßigen Höhepunkt (Samstagabend)  waren wir 37 Erwachsene und 7 Zwerge zwischen 0,5 und 10 Jahren.

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Anfangs wurde wegen der vielen Leute noch in 3 Gruppen aufgebrochen. Am Freitag scheiterten die Besteigungsversuche von Piz Sarsura sowohl von Norden als auch von Süden her in zunehmender Bewölkung, Schneefall bzw. zuviel Neu- und Triebschnee. Güga hatte mit seiner Gruppe das große Los  gezogen und am Piz Belvair (15 km talauf) das schönste Wetter und dazu noch Firn. Deswegen zog man am Samstag wieder auf die Berge über Zuoz, Tommi auf den Belvair und Güga auf den Piz Griatschouls (volkommen abweichend vom Verlauf der vorhergehenden 8 Ostertouren waren die Leute in Gügas Gruppe von Tourenziel, Schnee und Führer vollkommen einverstanden).

Leo zog zweimal auf den Piz Belvair und wurde daraufhin zum Prinz Belair ernannt. Da der Schnee trotz ganztägigem Sonnenschein tragfähig blieb, vergnügte sich nachmittags auch noch die „Stillgruppe“ (= Müttererholungswerk mobil) 3 Stunden in dieser Gegend.

Nachdem auch noch das obligatorische Fußballspiel nahezu verletzungsfrei überstanden war (einige ältere Spieler täuschten zwar Oberschenkelzerrungen vor, um ihr mäßiges Laufpensum zu entschuldigen), stieg nach „Nudeln rot“ die Stimmung im Touri-Lager ständig. Spät in der nacht vereinigte sich die „Blues- Fraktion“ mit der „Helga + Witze- Fraktion“ (Helga hieß die Sau, von der Leo ein bestens geräuchertes Trumm mitgebracht hatte). Nur unser Hochzeiter Güga traute sich nicht mehr so recht zu seiner Karin rauf, hatte er doch unter anderem den auferlegten Diätplan durch Bestechung  der „weightwatchers“ Leo, Günti und Joa total missachtet und ausgiebig mit Helga geturtelt. Schließlich wurde er aber von der ganzen Meute mit Gesang (Melodie: Karl Huber, Text: “Zur Karin nauf“) nach oben begleitet. Selten sah man Güga so sprachlos, aber Karin empfing in gnädig (waren wohl zu viele Zeugen).

 

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Glücklicherweise dämmerte wenig später der neue Morgen in dichten Schneefall, so dass zum Tourenaufbruch keine Eile notwendig war. Nur noch zwölf hartgesottene wurden an den herrlichen Hängen des Piz Laschadura für ihr Standvermögen mit 10cm Pulverauflage auf griffigem Untergrund belohnt, nachdem sie sich bei der Umkehr unterhalb des Gipfelhanges den letzten Rotweindunst wegblasen gelassen hatten.

Am Montag wurde die stark zusammengeschrumpfte Tourengruppe (15 Pers.) nach trübem Morgen sogar noch von richtigem Sonnenschein verwöhnt. Es waren bis dahin wohl 20cm Neuschnee gefallen, so dass auch diesmal kein Gipfel erreicht wurde. Unterhalb des Piz Nuna wurden rechtzeitig die Felle abgezogen, um den Neuschnee noch in pulvriger Form zu genießen. Die Nachmittagsgruppe wählte den gut eingefahrenen Klassiker Piz Arpschalla, wurde am Gipfel allerdings von einer Schauerwolke mit Elmsfeuer und kleinen Stromschlägen schnell vertrieben.

Wieder einmal wurde uns bewusst, dass für derartige gesellschaftliche Anlässe kein idealerer Stützpunkt denkbar ist, sodass der Besuch anderer Skitourengegenden wohl auch zukünftig auf Termine außerhalb Ostern verschoben werden muss. Da nächstes Jahr das 10- jährige Zernez- Jubiläum ansteht und weitere Zwerge zu erwarten sind, haben wir das familienfreundliche Quartier schon mal für 2002 gebucht.

PS: nähere Infos zum gesellschaftlichen Treiben finden sich unter: www.galligalli.de

Ostern 2000 oder Perpetuum – Mobile – Alpinum

Ein Perpetuum – Mobile – Alpinum ist eigentlich genaugenommen gar kein Perpetuum –Mobile, denn es muß ihm von außen Energie und Flüssigkeit zugeführt werden, damit es läuft. Trotzdem ist es eine recht bemerkenswerte Erfindung.

Der Kegel der Autoscheinwerfer frißt sich eine schmale Schneise in die Dunkelheit, wendet sich mit der Kurve am Ortsausgang von Susch nach links und läßt schließlich das Gesperrt-Schild an der Schranke der Flüelapaßstrasse hell aufstrahlen.

„Flüelapaß Wintersperre von Dez- Mai“ grinst mich das Schild höhnisch an und „ nach Klosters- Davos den Bahnverlad Vereinatunnel benützen“. Leider wollen wir gar nicht nach Davos, sondern nur möglichst hoch rauf, um Skitouren ohne stundenlanges Herumtragen der Bretter zu genießen. Der Flüelapaß war in den letzten Jahren bei dürftiger Schneelage immer eine sichere Bank gewesen, und Ostern 2000 hätten wir zu gerne auf ihn gesetzt, doch seit der Fertigstellung des Vereinatunnels wird nun die Paßstraße im Winter nicht mehr offengehalten.

Auf den letzten Kilometern der abendlichen Anfahrt nach Zernez spähen die Augen dann verzweifelt hinauf in die Hänge, doch obwohl die Gipfel teilweise schon ins Mondlicht getaucht sind, ist nur ganz weit oben ein Hauch von Weiß auszumachen. Nach dem großen Begrüßungshallo in den vertrauten Räumen des Touristenlagers dreht sich dann die Diskussion um geeignete Alternativziele und um die  Neuerungen auf dem Ausrüstungssektor, inbesondere den besonderen Vorteilen der neuen Carving- Touren- Ski, vor allem, was ihre Trageeigenschaften anbelangt. Die laue Nachtluft befördert dann noch 2 besondere Vorhaben. Erstens die relativ widerstandslose Hinnahme des Wecktermins 5Uhr und zweitens eine mitternächtliche Schneesuchfahrt von mir hinauf ins Oberengadin.
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Ungetrübter Sonnenschein umgibt uns und taucht die weitläufige Schneelandschaft im oberen Val Barlasch in gleißendes Licht. In ziemlich zügigem Tempo ziehen wir unsere Spur in die unberührten Wellen und Kuppen der Südhänge unterm Piz Sarsura. Wir haben uns fest vorgenommen, angesichts der relativ hohen Temperaturen spätestens um 12 Uhr die Abfahrt zu beginnen, egal wo wir um diesen Zeitpunkt auch seien.

Hier heroben macht zwar der Harschdeckel einen dicken und ziemlich „langlebigen“ Eindruck, aber die steilen Hänge hinunter in den Talboden sind der Sonneneinstrahlung stark ausgesetzt und ich möchte diesen Abschnitt nicht bei durchweichter Schneedecke befahren müssen. Unten im Talboden überzog sowieso nur eine dünne, fragile Kruste den faulen Untergrund, aber dort galt: „lieber Faulschnee als gar kein Schnee“ und überraschenderweise mussten wir die Ski von Auto weg nur ein paar Minuten tragen, bis die ersten Zungen des weißen Materials das Anschnallen der Bretter erlaubten.

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Die ersten Schwünge hinein in den letzten Steilhang in den Talboden hinunter setze ich noch vorsichtig, doch nachdem der Harschdeckel auch hier noch stabil trägt, werden die Kanten hemmungslos in den Firn gedrückt, der Rhytmus der schnellen Schwünge im steilen Gelände voll ausgekostet.

Pünktlich um 12 Uhr hatten wir – teils leicht hechelnd – die 1600 Höhenmeter unter uns und den Gipfel erreicht. Wenige Minuten später war der Piz Sarsura auch schon wieder verlassen, wir in die steile Einfahrt in die südseitige Karschüssel eingetaucht. Zwar bedeutete in den mittleren  Hängen eine dünne, aber etwas feuchte und bremsende Neuschneeauflage eine leichte Beeinträchtigung des Abfahrtsgenuß, insgesamt aber sind wir von den Verhältnissen positiv überrascht.

Diese letzten steilen 300 Höhenmeter nun in den Talboden hinunter sind der Abschluß und gleichzeitig der Höhepunkt der Skivergnügens, denn das Tal hinaus versumpfen wir teilweise bis zum Knie im faulen bremsenden Nassschnee. Glücklicherweise hat der Talboden genügend Gefälle - eigentlich durchaus genug zum Schwingen –. und so gelangen wir nach dem Motte „besser schlecht gefahren wie gut gelaufen“ trotz bremsender Auflage relativ rasch aus dem Gefährdungsbereich der steileren, noch geladenen Steilhänge im oberen Tal und schaffen es sogar, uns über die letzten Schneezungen zwischen den Krokuswiesen bis kurz vor die Engadinstraße auf Skiern hinunterzumogeln.

Nach gleichem Schema – früher Aufbruch, oben Traumfirn, unten Kampf durch Sumpf und Schneefleckensuchen – verlaufen auch die beiden nächsten Tourentage, aber nach dem zeitigen Ende der Skitouren stellt sich dann immer ein neues Problem:

Wie die langen Nachmittage auf der Veranda des Touristenlagers überstehen   -ohne Sonnenstich und Vollrausch?

Waren in den Jahren zuvor immer die Sonnenplätze begehrt, so wird bei diesen frühsommerlichen Bedingungen der Schatten gesucht. Da aber deutlich weniger  Schattenplätze als ausgedörrte Skitourengänger im Angebot sind, bleiben immer etliche Leute der Sonneneinstrahlung ausgesetzt – und damit wird eine verhängnisvollen Kette:in Gang gesetzt:

Volle Sonneneinstrahlung verlangt nach  verstärktem Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten.. Da diese Flüssigkeitszufuhr vorzugsweise mit landesüblichem Calanda- Bräu vollzogen wird, erreichen damit die meisten Sonnenhocker frühzeitig ein beträchtliche Bettschwere und verschwinden ungewohnt früh in ihren Schlafkojen. Dadurch wird auch einem absolut unchristlich frühen Aufbruch am nächsten Morgen bemerkenswert wenig Widerstand entgegengebracht, und man ist wieder früh zurück auf der Sonnenterasse=> usw. usw. ....
 - Perpetuum – Mobile – Alpinum .

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Ostern ´99 oder Winter zwischen Traum und Trauma

Eine ca 100m breite Schneise – vegetationsloser, brauner, aufgerissener Boden – zieht den steilen Hang herunter zur Ofenpaß-Strasse. Wo ein paar alte Leitplankenstücke wie dünner Bindedraht aufgerollt nach an ihren demolierten Verankerungspunkten hängen. Unterhalb der Straße geht die Spur der Verwüstung weiter – an ihren Rändern von einigen liegenden Baumreihen flankiert – hinunter zur Schlucht, wo dann schon ein Stück am Gegenhang oben ein Labyrinth aus übereinandergetürmten Baumresten das Ende des Lawinenzuges markiert.

Auch oder gerade hier – im mittleren engadin um Zernez herum – hatten die Riesenschneefälle des Febr. 99 große Schadenslawinen ausgelöst. Größere Schäden in den Ortschaften blieben aber Gott sei Dank aus., obwohl einige Lawinenzüge die Ortschaft Susch nur knapp verfehlten.

Beim Anblick der Auswirkungen dieser Staublawinen verspüre ich ein ziemliches Unbehagen, lassen sich doch dabei die Kraft und Wucht dieser Phänomene erahnen und wird deutlich aufgezeigt, wie klein und unbedeutend der Mensch gegenüber den Naturgewalten sein kann – die Alpen sind eben doch mehr als nur ein Vergnügungspark.

Einen guten Monat nach diesen Schneefällen profitieren wir als Skitouristen allerdings schon wieder von der hohen Schneelage. Sie macht nicht nur einige selten zu fahrenden Touren erst möglich, sondern der mit großen Schneemengen meist einhergehende gute Schneedeckenaufbau ermöglicht auch lawinensichere Touren ohne kitzlige Entscheidungen und dies auch in steilerem Gelände. Zudem genießen wir über die Ostertage meist klares und kühles Wetter und werden somit an 4 Tagen durch herrliche Firnabfahrten verwöhnt.

Wo die letzten Jahre ein dichtes, freiliegendes Latschengehölz umweltgerechtes und genußvolles Skibergsteigen verhinderte, ziehen jetzt ideale Skihänge in leichten Wellen hinauf bis unter den Gipfelaufbau des Piz Laschadura, und – wegen der gut gesetzten Schneedecke – läßt sich sogar die letzte, doch beachtlich steile Gipfelzone ohne Abschnallen der Ski bis zum höchsten Punkt begehen.

So nah liegen Katastrophensituation und ideale Tourenbedingungen beeinander. In diesem Jahr können wir auf die sonst obligatorischen „Schneesuchfahrten“ den Flüela- oder Ofenpaß hinauf verzichten. Stattdessen ziehen wir vom Gipfel des Piz Sarsura aus südseitig unsere Schwünge 1600m hinunter bis in den Engadiner Talboden oder vom Piz Nuna aus nach 1300m Norden ins Val Nuna. Von dort müssen wir uns allerdings 300 Höhenmeter durch eine umgepflügte, apokalyptische Lawinenbahn hinuntertricksen, bis wir schließlich auf Ziehwegen das letzte Stück hinunzergleiten zum jungen Inn. Für dies kleine Einlage werden wir mit allerdings mit dem  Endpunkt der Tour entschädigt, der Sonnenbank vor der Gastwirtschft in Lavin, wo wir nach der Rundtour auf unsere Abholung per PKW warten “müssen“.

Auf alle Fälle werden uns  die Ostertage ´99 – unser achtes Ostern im vielfach bewährten Touristenlager bei Frau Burger in Zernez – nicht nur wegen der stark beeindruckenden Lawinenschäden in besonderer Erinnerung bleiben.