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 Kellespitz

aus der Gründerzeit -  Nimmersatt am Kellespitz NW-Grat:

Die Graspolster, in denen ich liege, sind tief und weich. Ich blinzle in die tiefstehende Sonne, atme tief durch und genieße ganz bewusst diesen kurzen Augenblick wunschlosen Glücks. Mein Atem geht noch schnell, das zügige, flüssige Klettern im rosaroten Licht der im Gewitterdunst schwebenden Sonne und ohne die Hemmnisse der Sicherungstechnologie hat Puls und Stimmung in die Höhe getrieben, zudem hat die im Vorjahr erstbegangene Route wirkliche schöne und elegante Kletterei geboten, die Erinnerung mich also nicht betrogen. Ich stehe auf und winke, will Hansi, der in den Wiesen vor der Nesselwänger Scharte liegt, meine Freude mitteilen. Das Tannheimer Tal liegt schon im Schatten, nur die Wasseroberfläche des Haldensees, in dem sich der rotgefärbte westliche Horizont spiegelt, bildet eine dramatische Farbinsel. Im Süden, über dem Allgäuer Hauptkamm, steht ein Gewitterturm, der im Aufbau meinen heutigen Erlebnissen und Gefühlen ähnelt – über schwerer schwarzer Wolkenbasis ein Mittelbau mit Licht und Schatten, aufwärts strebend,  und darüber schwebend eine strahlend weiße Kuppel, scheinbar schwerelos.
 

-Rückblende –

Endlich bin ich von ziemlich zweifelhaften Haken weg- und in die seichte Verschneidung hineingeklettert, doch auch hier sind die Griffe kleiner als ich gehofft hatte und der Riss ist geschlossen. Nachdem schon ein Friend beim kleinsten Zupfer am Seil entlang nach unten verschwand, drücke ich den kleinsten Stopper in eine seichte Rissspur und tue dann alles, um mich diesem Ding nicht anvertrauen zu müssen. Es wäre da ein Hakenriss, doch zum Hakenschlagen kriege ich die Hände nicht frei, der Cliff will nirgendwo liegen und weiterklettern will ich so auch nicht. Zum Nervenflattern gesellen sich verkrampfende Unterarme und so sieht mich Hansi doch ganz behutsam in den Stopper sitzen. Ich trau mich kaum zu atmen, angle behutsam Hammer und Haken und führe zaghaft die ersten Schläge aus. Hoffnung, der Haken zieht und dann schnappt der Karabiner endlich in die Öse, die Spannung fällt ab, und was bleibt, ist die klettertechnische Schwierigkeit. Für den nächsten Meter muss ich zwei mal ansetzen, kann weiter oben noch einen Klemmkeil legen, dann wird´s eh leichter. Befriedigung kommt auf, dass sich das Problem ohne Bohrhaken lösen ließ, zudem überrascht uns der Weiterweg über den Grat trotz geringerer Schwierigkeit mit unerwartet schöner Kletterei.
 


Kurzer Gipfelaufenthalt, dann zieht uns der Durst zu unseren Rücksäcken. Auch nachdem er gelöscht ist, können wir uns nicht gleich entschließen, die zweite geplante Linie in Angriff zu nehmen. Doch schöner und anfangs leichterer Fels beflügeln unseren Auftrieb wieder, und erst als sich der Schlüssel, eine glattwandige Verschneidung, stark aufsteilt, kommt nochmals richtige Spannung auf. Ideale Klemmkeilmöglichkeiten und schöne Fels lassen jedoch auch schwierige Kletterei zum reinen Vergnügen werden. Freude und stimmungsvolle Wolkenspiele am Gipfel beschließen scheinbar den Klettertag doch Neugierde auf die eigene Neutour und nicht versiegende Kletterlust ziehen mich dann noch mal hinüber in die helle Westwand, die sich im Licht der tiefen Sonne allmählich rosa färbt- das Finale eines perfekten Klettertages steht bevor.

zur Info (Allgemeines und Topo und Übersichtfoto)

Kelleklett

bei der Erstbegehung von “Hatschi”, klassisch schöne Verschneidungskletterei um 5. Grad

Kellebild1_kl

Die Westwand des mittleren Turmes mit den angedeuteten Routenlinien von Hatschi (lila) und “Fastnackt” (grün)