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Der glatte parallele Riss nimmt den 1½er Friend willig auf; den Auslauf des Risses seitgriffig packen, anlaufen, hinaufgreifen zum überraschend gutgriffigen Loch, etwas nachtreten, und hinaufziehen zum herauserodierten Seitgriffschwert, die Füsse in die Löcher nachstellen – ich bin voll im Kletterrausch, als mich Rolands Ruf „noch zwei Meter“ plötzlich einbremst. Selbst unser neu heraufgeschlepptes 60 m Seil reicht also nicht aus, um die zwei wundervollen Genußseillängen im Mittelteil zusammenfassen zu können. Mit etwas gestutzten Flügeln und einem nicht ganz lehrbuchmässigen Seilmanöver schaffe ich aber die letzten fünf Meter an der griffigen Wasserrille hinauf und hinein ins ideale, mannsgrosse Standplatzloch. Für Roland – der sich heute dankenswerterweise zu Schlepp- und Sicherungsdiensten zur Verfügung gestellt hat, wird der Nachstieg dieser Genußseillänge allerdings nicht zum reinen Vergnügen, dafür sorgt unser »Fat Baby«. Dieser alte Rucksack, prallgefüllt mit Bohrmaschine, Akkus und sonstiger Hardware, hatte uns auch schon beim Nachziehen in den unteren Seillängen des »Kronjuwel« kräftig ins Schwitzen gebracht. Wir hatten den unteren Teil der »Blinden Welt« über den »Kronjuwel« umgangen, in der Absicht, Zeit zu sparen für die Verlängerung der Route nach oben in die Schlusswand, und nun ist es gleich soweit. Es geht ins Neuland, der Inhalt von »Fat Baby« wird gleich zum Einsatz kommen. Voll Spannung und Ungeduld taxiere ich die kompakte Plattenwand, die sich schräg rechts hinaufzieht in eine Reihe kleiner Dächer hinein. Gerade diese Passagen bis dahin und die folgende steile Wand habe ich bei den Planungen schon als grosses Fragezeichen erachtet; wie es wohl gehen wird?

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!0. SL, aus dem Loch heraus

Ein paar Stunden später markieren sieben neue Bohrhaken den Weiterweg. Immer wieder fanden sich ein paar kleine Leistchen oder Mini-Schuppen, die es ermöglichten, an die nächste Serie kletterfreundlicherer Strukturen heranzukommen, und genau an den richtigen Stellen – in der Dachzone und der anschliessenden Wandpartie – hatten ein paar unerwartet zu Tage tretende Bierhenkel die Schwierigkeiten im machbaren Bereich gehalten. Als Zugabe warteten kleine, positive Löcher und Leisten geradezu darauf, dass sich die Hartstahlklaue des Cliffhängers an ihnen einkrallte. So liess es sich relativ angstfrei mit ganzem Körpergewicht hinhängen an den Cliff, um die Bohrmaschine nachzuziehen und den fürs Weiterklettern benötigten Sicherungshaken zu versenken.

Als Roland nun die Seillänge nachkommt, betont das Streiflicht der schon tiefstehenden Sonne die feinen Strukturen der steilen Schlusswand über uns. Es bleibt gerade noch ein bisschen Zeit, um wenigstens den Beginn der nächsten Seillänge in Angriff zu nehmen. Nach den guten Erfahrungen mit der vorhergehenden Seillänge wundere ich mich kaum mehr, als auch hier wundersamerweise immer wieder gute Schuppen und Schlitze scheinbar aus dem Nichts auftauchen, den Beginn dieses Abschnitts zu einem Kletterfest machen – heute scheint ein Glückstag zu sein. Wenn der Puls heute in die Höhe geschossen war, dann bisher nur wegen Begeisterung und Freude. Das ändert sich erst beim Setzen des allerletzten Borhaken des Tages. Angesichts eines lausigen, nur seitlich belastbaren Cliffs sorgte hier der Adrenalinspiegel für eine schnelle Pumpe. Doch Cliff und Glückssträhne halten, auch beim Abseilen klappt alles wie am Schnürchen und erst als wir schliesslich mit dem letzten Licht des Tages in Richtung Schafgufel hinunter-stolpern, scheint das dicke Ende des Tages zu kommen. Die nagelneue Reservebatterie meiner Stirnlampe gibt trotz heftiger Anfeuerung nicht mal das kleinste Glimmen her, und ich sehe uns schon auf allen Vieren durch die mondlose Nacht die Schlucht des Parseierbaches hinunterkriechen. Doch da vernehmen wir Stimmen aus  Richtung Schafgufel. Trotz Wochentag und abgeebbtem Freispitz-Boom treffen wir hier alte Bekannte von den »Pepperfreaks«, die – lampenmässig vollkommen überausgerüstet – uns doch noch zu einem relativ gut beleuchteten Finale eines langen Tages verhelfen.

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